Liebe Mitglieder,
da herrscht jahrelanges Stillschweigen über unser Landesglücksspielgesetz. Niemand möchte es anfassen, niemand möchte aktiv werden und dann – wie aus dem Nichts – wird ein Entwurf vorgelegt. Wir hatten bereits im Jahr 2024 die Möglichkeit Stellung zu nehmen. Dies haben wir auch getan. Umso mehr hat es uns dann irritiert, dass im nun neuerlichen Gesetzesentwurf 2025, Passagen enthalten sind, die im damaligen Entwurf gänzlich gefehlt haben. Und wie es der Zufall will, genau diese Passagen machen es dem stationären Angebot, egal ob Spielhalle oder Sportwette nun schwerer und teurer. Dazu wurde abermals die Chance vertan, für uns die Erweiterung des Bestandsschutz der „Alt-Spielhalle“ gesetzlich zu manifestieren. Dem Abstandproblem zwischen zwei Spielhallen wurde nicht Abhilfe geleistet, der Bestandsschutz im Abstandskonflikt zu Kinder- und Jugendeinrichtungen bleibt aber bestehen.
Ich kann Ihnen versichern, seit dem Tag (15.01.2025), an dem uns der Entwurf zugesendet wurde, waren sowohl der Vorstand als auch Maximilian Fiel und Tim Hilbert rund um die Uhr mit ihm beschäftigt. Gespräche, Telefonate, Videokonferenzen und Termine folgten Schlag auf Schlag. Wir versuchten mit allen zu sprechen und alle Protagonisten zu informieren. Auch zahlreiche Gespräche mit diversen Vertretern des Hilfe-Systems im ganzen Land wurden geführt. Es entstand der Eindruck, dass viele Betroffene von diesem Gesetz keinerlei Informationen über das Gesetz und erst recht nicht über deren Inhalt hatten.
Besonders beachtenswert war die Geschwindigkeit, welche der Gesetzgeber nun an den Tag gelegt hat. Die erste Anhörung fand bereits am 30. Januar statt. Also exakt 15 Tage, nachdem wir den Gesetzesentwurf erhalten hatten. Besonders spannend war, dass die zweite Lesung mit Verabschiedung des Gesetzes im Landtag bereits für den 19. Februar terminiert war. Selten erlebt man, dass ein Gesetz so schnell verabschiedet wird. In der Verfolgung der Plenardebatten hat man schnell das Gefühl bekommen, die Politik steht den durch Toto-Lotto betriebenen Online-Casinos sehr viel positiver gegenüber als unseren terrestrischen Spielhallen. Obwohl es sich bei den Geräten bzw. Spielen um ein und dasselbe Produkt handelt. Die nun geschaffene Monopol-Lösung für das Online-Casino durch Toto-Lotto soll den Vorteil bieten, dass das Land ein legales Angebot sicherstellt, bei dem es gleichzeitig die Kontrolle über einen effektiven Spieler und Jugendschutz hat. Laut Gesetzgeber wäre dies bei einer Konzessionslösung nicht im selben Maß der Fall. Zudem soll den Bürgern des Landes Baden-Württemberg eine sichere Alternative zu den illegal angebotenen Online-Casinospielen geboten und das vorhandene Interesse an dieser Spielart in legale Bahnen kanalisiert werden. Zur geplanten Besteuerung äußert sich das Gesetz wie folgt: Die Besteuerung soll sich am Bruttospielertrag bemessen und mithilfe eines gestaffelten Steuersatzes eine größtmögliche Gewinn-Abschöpfung ermöglichen.
Besonders spannend finden wir, dass im Gesetzesentwurf keine wirklichen Regelungen zu der sich immer weiter ausbreitenden Illegalität zu finden sind. Dies wird nach wie vor komplett negiert und findet seine Spitze des Hohns in dem Verweis auf den Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder (GGL). Im Jahresreport werden beim Umfang des illegalen Glücksspielmarktes jedoch lediglich die Segmente Sportwetten, virtuelles Automatenspiel, Online-Poker, Online-Casinospiele und Online-Zweitlotterien betrachtet. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass die Ausmaße des illegalen Marktes im Segment Geldspielgeräte und anderen ordnungswidrigen Spielmedien in der so genannten illegalen Sekundäraufstellung im Report nicht behandelt werden. Es werden also die Zahlen des Onlineangebotes genutzt, um die Kontrollen, Regulierung und Bürokratie beim stationären Angebot ein weiteres Mal zu verschärfen.
In der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Binder (Drucksache 17/7828) wird in Frage fünf deutlich, dass sich der rasante Anstieg der Fallzahlen im Deliktbereich des illegalen Glücksspiels im Land fortsetzt. Die Zahl der Fälle ist im Jahr 2023 auf insgesamt 762 explodiert. Im Jahr 2019 waren es noch 110 Fälle, im Jahr 2018 sogar nur 55 Fälle, und es wird nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es absurd, dass nun neben den Vor-Ort-Kontrollen der Kommunen auch seitens des Landes Kontrollen in den Spielhallen durchgeführt werden können. Eigens hierfür wird eine 13-köpfige Einsatzgruppe im Regierungspräsidium Karlsruhe installiert, nach dem Vorbild der ADD in Rheinland-Pfalz. Dadurch sollen Spielhallenkontrollen mit Kontrollen der Wettvermittlungsstelle verbunden werden. Der Gesetzgeber verspricht sich dadurch eine höhere Kontrolldichte des legalen stationären Angebots. Das illegale Angebot bleibt weiterhin unerwähnt und unbeachtet.
Diese Behörde muss sich selbst finanzieren, so dass die Kosten der Besuche in den Spielhallen und Wettbüros den örtlichen Betreibern in Rechnung gestellt werden. Im Gesetzesentwurf spricht man von durchschnittlichen Kosten in Höhe von 670 € pro Besuch, die die Unternehmen zu tragen haben.
Doch nicht genug: Die privaten Schulungsanbieter, die in Baden-Württemberg bisher in Kooperation mit Suchthilfeeinrichtungen Präventionsschulungen durchgeführt haben, sollen künftig ausgeschlossen werden. Schulungen sind nur noch durch anerkannte, in der Suchthilfe in Baden-Württemberg tätige Einrichtung zulässig. Die Übertragung an Dritte, um Kapazitäten zu schaffen und zu erhöhen, soll nicht mehr möglich sein. Wir als Betreiber laufen nun Gefahr, dass es nicht genügend Schulungskapazitäten für sämtliche Mitarbeiter in Spielhallen und Sportwettbüros geben wird und wir ggfs. unsere Standorte nicht öffnen dürfen. Nach Gesprächen mit örtlichen Einrichtungen in diversen Landkreisen muss festgestellt werden, dass dort stellenweise überhaupt keine Kapazitäten, meist aber viel zu wenige, vorhanden sind, um unsere Schulungsnachfrage zu decken. Selbstverständlich haben wir genau auf diese entstehende Problematik in diversen Gesprächen mit der Landesregierung und dem Hilfesystem hingewiesen und werden weiterhin an einer praxisnahen Lösung arbeiten.
Darüber hinaus wird der Berichtsaufwand völlig unnötig verdoppelt. Laut Wortlaut des Gesetzes sollen wir unsere Berichte zur Umsetzung der Maßnahmen des Sozialkonzeptes (Dokumentationsberichte) jährlich abgeben – allerdings sollen wir nicht über ein Jahr dokumentieren, sondern über die zwei Vorjahre. Wir doppeln jetzt also jedes Jahr! Wir gehen davon aus, dass dies ein redaktioneller Fehler ist und sind auch hier in der Klärung.
Die Dokumentationsberichte, die wir seit 2012 erstellen, wurden bis heute nicht ausgewertet oder evaluiert. Nun soll der Aufwand der Berichte deutlich erhöht werden, ohne diese auch künftig auszuwerten oder zu evaluieren. Wir haben bei der Landesregierung angeregt, diesen Prozess nun kurzfristig vollständig zu digitalisieren, so dass dies für unsere Servicekräfte auf den PC täglich online erledigt werden kann. Somit hätte die Landesregierung tagtäglich und ständig aktuell eine Evaluierung der Berichte zum Sozialkonzept. Nur so macht ein derart komplexes Berichtswesen überhaupt Sinn, denn nur dann erhält man die gewünschten Informationen aus der bisher sinnlosen Tätigkeit unserer Servicekräfte.
Die Baden-württembergische Landesregierung hat die zunehmende Bürokratie als eines der großen Probleme im Land identifiziert. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte, dass sich die Menschen immer mehr mit bürokratischen Dingen befassen müssten, statt mit den Dingen, die sie gelernt hätten. Innenminister Thomas Strobl erklärte: „Wir wollen unnötige Bürokratie abbauen, Regelung auf das Nötigste begrenzen und Bürgern, Kommunen und Unternehmen möglichst viel Freiheit geben.“ Auch die CDU-Landtagsfraktion schlug in den letzten Jahren immer wieder in die gleiche Kerbe. Anfang 2023 wurde für den Kampf gegen überbordende Bürokratie beispielsweise ein Praxis-Check für alle Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften gefordert. Die Erkenntnis und den artikulierten politischen Willen, uns aus dem bürokratischen Dschungel freizuschlagen, begrüßen wir als Unternehmerverband ausdrücklich. Leider ist jedoch festzustellen, dass weiterhin Gesetze verabschiedet werden, die das Gegenteil bewirken. So etwa, dass nun vorliegende Landesglücksspielgesetz.
Aber wir wären nicht der Automaten-Verband Baden-Württemberg, wenn wir nicht nach vorne blicken würden. An den Auswirkungen und Konsequenzen des aktuellen Koalitionsvertrages unserer Landesregierung können wir nichts mehr ändern. Diesen können wir nur noch bis zur neuen Landesregierung aussitzen. Bereits heute formulieren wir doch klare Forderungen an die kommende Landesregierung und hoffen, dass diese auch Eingang in den neuen Koalitionsvertrag finden werden. Im Detail ist dies die nun schon längst überfällige Bestandssicherung der Alt-Spielhallen, um unserer Branche eine Zukunft zu geben und um dem illegalen Spiel den Markt nicht zu überlassen. Des Weiteren setzen wir uns für einen landesweit einheitlichen Vergnügungssteuersatz ein, der von den Unternehmen – angesichts der gestiegenen Löhne (+ 35 % seit 2020), Betriebs- und Energiekosten sowie der steigenden Kosten für Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen – auch erwirtschaftet werden kann.
Wie sie alle wissen, ist der Spielpreis für unser Produkt seit 1994 unverändert. Einen direkten Inflationsausgleich beim Spielpreis haben wir nie erhalten, unser indirekter Inflationsausgleich war die Vergrößerung unseres Angebotes in Form von drei Geräten in der Gastronomie und Mehrfachkonzessionen in der Spielhalle. All diese Elemente des indirekten Inflationsausgleichs wurden uns mit dem Verbot des dritten Geldspielgerätes in der Gastronomie, den Abstandsgeboten und dem Verbot der Mehrfachkonzession genommen. Dass Baden-Württemberg nicht einmal von der Übergangsfrist des Paragrafen 29 Abs. 4 Gebrauch macht, ist dabei die Spitze des Eisberges.
Das Prinzip von „Geben und Nehmen“ muss wieder ins Gleichgewicht kommen. Nachdem uns nun in den letzten Jahren nur genommen wurde, ist es an der Zeit, auch mal wieder zu geben. Wir erleben – vor allem seit Ende der Pandemie – dass es landesweit den Gemeinderäten in den Fingern kribbelt, die Vergnügungssteuersätze ins Unermessliche zu ziehen. Schließlich sind die Haushaltskassen leer. Wir sind mittlerweile der Meinung, dass die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände gemeinsam mit den Kommunen eine für alle Parteien tragbare Lösung finden müssen. Denn, wie wir alle wissen, die Kuh, die man melken will, darf man nicht schlachten. Am Ende – nach Abschluss der Auswahlverfahren – verbleiben dann von ehemals fast 1.800 Spielhallen im Land vielleicht noch 400-500 Spielhallen. Diese sollen dann den gesetzlichen Kanalisierungsauftrag in Baden-Württemberg erfüllen. Dies wird aber leider vielerorts nicht mehr möglich sein, da die Spielhallen finanziell ruiniert sind. Bei einem Vergnügungssteuersatz von 25 % auf dem Bruttoumsatz kann kein Metzger oder Bäcker, kein Supermarkt und auch keine Autowerkstatt überleben. Wie soll das bei uns gehen? Wir konnten ja schließlich den gesetzlich fixierten Produktpreis seit 1994 nicht anpassen. Wenn eine Spielhalle am Ende des Monats 10.000 € an das Rathaus überweist, selbst aber noch nicht einmal eine schwarze Null erwirtschaftet, dann fehlt jegliche Motivation und Sinnhaftigkeit, diesen Standort am Leben zu erhalten. Die Folge ist allen bewusst. Aus diesem Grund sehen wir es als ein wichtiges Gebot dieser Stunde an, landesweit einen einheitlichen Vergnügungssteuersatz festlegen, mit dem unsere Standorte wirtschaftlich betrieben werden können.
Selbstverständlich wird das neue Landesglücksspielgesetz im Fokus unserer Jahreshauptversammlung am 19.03.2025 in Stuttgart stehen. Sollten Sie noch nicht angemeldet sein, holen Sie dies direkt jetzt nach:
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Ich freue mich auf unser persönliches Wiedersehen.
Herzliche Grüße
Ihr Dirk Fischer