Liebe Mitglieder,
im Rahmen des SWR 2 Forums trafen sich Dirk Fischer (Mitglied des erweiterten Vorstandes), Prof. Dr. Tilman Becker (Leiter Forschungsstelle Glücksspiel, Universität Hohenheim) und Ilona Füchtenschnieder (Drogenberaterin und Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht) zu einer Gesprächsrunde mit Moderatorin Marion Theis, um ausführlich über den morgen in Kraft tretenden Glücksspielstaatsvertrag zu sprechen.
Titel der Sendung, die heute um 17.05 im SWR2-Radio ausgestrahlt wird: Spielhölle statt Spielhalle. Wie gut ist das neue Glücksspielrecht?
Dirk Fischer formulierte, dass die Automatenbranche insgesamt zufrieden mit dem Glücksspielstaatsvertrag sei. Einzig die zeitverzögerte Initialisierung der gemeinsamen Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder sehe er sehr problematisch, so Fischer.
Großen Raum nahm die Liberalisierung des Online-Gamings ein. Dirk Fischer stellte hier gleich zu Beginn fest, dass das Online-Gaming keine Konkurrenz für das traditionelle stationäre Spiel sei. Es handelt sich um zwei getrennte Märkte mit unterschiedlicher Gästestruktur. Dies bestätigte auch Prof. Becker im späteren Verlauf der Sendung.
Prof. Becker und Frau Füchtenschnieder sehen in dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gute Ansätze – vor allem im Bezug auf die Einführung des bundesweiten und spielformübergreifenden Sperrsystems – kritisieren jedoch die Umsetzung dessen. Neben dem zu kurzen Zeitraum der Spielersperre von mindestens drei Monaten bei Selbstsperre kritisieren Becker und Füchtenschnieder vor allem die Liberalisierung der Werbung. Werbung für Glücksspiele – vor allem für Online-Glücksspiele und Sportwetten – werden unweigerlich zunehmen. Die Bevölkerung kann hierbei nicht zwischen legalen und illegalen Angeboten unterscheiden. Die Werbung mit Sportler:innen – auch wenn die Werbung mit aktiven Sportler:innen gemäß GlüStV 2021 zukünftig verboten ist – sendet eine falsche Botschaft vor allem an junge Menschen. „Glücksspielwerbung müsste gar nicht sein“, so Füchtenschnieder. Dem pflichtet Dirk Fischer bei, der in diesem Zusammenhang auf das bereits seit 10 Jahren bestehende Werbeverbot für das stationäre Spiel hinweist.
Alle drei Gesprächsteilnehmer:innen sind sich einig, dass es Verschiebungen im Glücksspielmarkt geben wird, wie genau ist heute noch nicht klar. Dirk Fischer richtet diesbezüglich den Blick auf die massive Marktreduzierung der Spielhallen in Baden-Württemberg, hier schließen bis zu 80 Prozent der Spielhallen. Das bedeutet für die Kommunen einen Vergnügungs- und Gewerbesteuerwegfall im dreistelligen Millionenbereich. Zudem wird es eine Abwanderung in den illegalen stationären Markt geben. Dies kann man bereits in Berlin sehr deutlich sehen, so Fischer.
Der Erfolg des neuen Glücksspielstaatsvertrages ist maßgeblich von der Kontrolle, dem Vollzug und der Art wie Verstöße geahndet werden abhängig, darin sind sich Becker und Füchtenschnieder einig. Umsetzung und Vollzug braucht Zeit und eine vielfache Stärkung der Glücksspielaufsicht. Becker plädiert für eine zentrale Aufsichtsbehörde für das stationäre Spiel in Baden-Württemberg nach Vorbild der ADD aus Rheinland-Pfalz.
Nehmen Sie sich die Zeit und hören Sie in der ARD-Mediathek bereits jetzt diese spannende Gesprächsrunde: